"Ich will ins U"
Dortmunder Künstlerin und ihre Benefiz-Aktion fürs Frauenhaus
Dortmund. (MM) Als echtes "Dortmunder Urgestein" ist die Künstlerin Ulla Kallert an symbolträchtigen Gebäuden wie dem Dortmunder U natürlich besonders interessiert. "Es wäre schrecklich gewesen, wenn das verwahrlost wäre", meint die 60-jährige Dortmunderin. Glücklicherweise wurde aus dem ehemaligen Stammsitz der Union-Brauerei ja mittlerweile ein Kunst- und Kreativzentrum, das für viele ein echter Hoffnungsträger ist. Doch man sollte bei all den Millionen, die in dieses Projekt gesteckt werden, nicht vergessen, dass an anderen Stellen in der Stadt noch dringend Geld benötigt wird. Deshalb hat Ulla Kallert zusammen mit den Kunstschaffenden der Gruppe K 42 im Januar dieses Jahres das Benefiz-Projekt "Wir holen das U ins Kreuzviertel und bringen es wieder zurück" gestartet.
Bis Mitte dieser Woche hatten Kunstinteressierte Zeit, eine Linoldruckvorlage von Ulla Kallert nach eigenen Vorstellungen und Interessen zu gestalten. Mit Malerei, Scherenschnitt, Fotografie, Zeichnungen und Collagen mit unterschiedlichsten Materialien von Stoff über Federn bis hin zu Spiegeln wurde die Vorlage auf die unterschiedlichsten Arten individualisiert und zu großen und kleinen Kunstwerken umgestaltet. Die Arbeiten sollen im Anschluss an die Aktion ausgestellt und zugunsten des Dortmunder Frauenhauses verkauft werden.
Die Resonanz hat sowohl quantitativ als auch qualitativ alle Vorstellungen der Initiatorin übertroffen: 62 Arbeiten sind in ihrem Atelier K 42 in der Arneckestraße 42 eingegangen, und es sind so viele "sehr, sehr gute" darunter, dass Ulla Kallert sogar überlegt, ob überhaupt noch eine Jury zur Tat schreiten soll. Ursprünglich nämlich sollte eine vierköpfige Jury entscheiden, welche der Arbeiten in der anschließenden Ausstellung gezeigt werden sollen. Jetzt möchte Ulla Kallert am liebsten fast alle ausstellen. "90 Prozent der Arbeiten sind so schön, dass es schlimm wäre, wenn welche herausfielen", meint die Künstlerin nach einer ersten Begutachtung der Bilder. "Ein solches Niveau der Bilder hatte ich nicht erwartet."
Auch wenn die Sache mit der Jury also eventuell ausfällt: An den anderen Plänen ihrer Aktion, nämlich der Ausstellung und dem Verkauf, hält die Initiatorin fest. Deshalb ist sie derzeit auf der Suche nach geeigneten Ausstellungsräumlichkeiten. Obwohl: Ihr Wunschobjekt steht seit Beginn der Aktion eigentlich fest. "Prädestiniert als Ausstellungsort ist natürlich das Dortmunder U", schmunzelt die Künstlerin. An Alternativen mag sie gar nicht ernsthaft denken, denn für sie steht fest: "Ich will ins U".
Auch die Verkaufsmodalitäten für die Bilder sind noch nicht geklärt. Verkauf mit Festpreis während der Ausstellung oder eine Versteigerung - noch ist alles möglich. Wie auch immer es im Endeffekt laufen wird, fest steht: 100 Prozent des Erlöses gehen an das Frauenhaus.
Natürlich wusste Ulla Kallert jede einzelne der eingereichten Arbeit zu schätzen. Zwei Aktionen haben sie jedoch besonders berührt: Zum einen hat eine Lehrerin der Friedrich-Harkort-Schule in Herdecke mit einer gesamten achten Klasse im Kunstunterricht die Linolvordrucke bearbeitet. Daraus resultierten mit einem Schlag ganze 20 Arbeiten für die Kunst-Aktion. "Darüber habe ich mich total gefreut", so die 60-jährige Künstlerin. Außerdem hat eine Gruppe von sieben Frauen vom Dortmunder Frauenhaus mitgemacht - und die Bilder direkt im Atelier K 42 gemalt. "Das war toll", erinnert sich die Dortmunderin noch heute gerne. "In dieser Gruppe herrschte eine ganz besondere Energie."
Vorgaben für die Teilnahme an der Aktion gab es eigentlich so gut wie keine. Natürlich sollte die Linoldruckvorlage genutzt werden, zudem äußerte die Künstlerin den Wunsch, das "U" in dem Druck solle nicht zerstört werden. Da haben sich aber nicht alle dran gehalten", schmunzelt Ulla Kallert. So wurde aus dem U-Turm in einem Bild ein Fußball, eine andere Teilnehmerin übermalte das Bauwerk mit einer Teetasse. Die Initiatorin nimmt es mit Humor, zudem das Bild mit der Teetasse bei den bisherigen Betrachtern interessanterweise zu den beliebtesten gehört. Regeln zu brechen kann sich eben lohnen - auch in der Kunst.
Wochenkurier Dortmund, 14.8.2010