... über mich
Die Farbe hat mich!
Am Beginn eines Bildes steht das Spiel mit den Farben, ziellos trage ich auf, kein Schönheitsideal, keine Werte, keine Komposition im Kopf. Dann irgendwann hat es mich, das Bild, ergriffen, spornt es mich an, es zu vollenden. Mit immer neuen Pinselstrichen Überraschendes zu finden, mich niemals der Gleichförmigkeit hingebend. Gleich einer Trance, dennoch mit ganzer Wachheit, lasse ich mich führen, wohin das Bild will.
Dann aber beginnt der Wechsel, jetzt führe ich, entwickle, füge hinzu, vollende. Spuren von stark verdünnten Farblasuren berühren mich, verzaubern das Bild, verzaubern mich durch diese Zwischentöne, Mischtöne, die so viel verbinden und auslösen.
Abstand nehmen um zu erkennen.
Weiter, die Komposition (der Raum, die Begegnung!) im Auge, bei jedem kleinen Pinselstrich, alles im Blick, Wachsein, und doch auch das Gegenteil: vergessen, überschreiten, verweigern.
Dieses Selbstzeugnis könnte in manchen Aspekten auch eine Beschreibung des Malprozesses mancher Künstler des Informel, Tachismus oder des Abstrakten Expressionismus sein:
"Wir standen vor unseren begonnen Bildern, lauschten, was sie uns sagen wollten... Wir standen gleichsam vor einer Reise ins Unbekannte,der Weg war voller Risiken des Scheiterns..." Wolfgang Schultze (1989), in: 50 Jahre Frankfurter Quadriga 2003
Die Bildwelten der Ulla Kallert erinnern in ihren historischen Wurzeln an Nay, an Pollock, vor allem auch an Schultze, hier und da an die informelle Zeit einer frühen Maria Lassnig:
Amorphe Strukturen, hektisch und sehr ungestüm in der Farbgebung, dünne, eilig dahin laufende FadenlinienLinien mit Spannung, die sich bisweilen löst, dies bringt eine manchmal tanzartige Bewegung ins Bild
Striche haben in manchen Werken sehr viel Gewicht, sind kurz und zügig in manchen sind sie luftig, enden im Irgendwo, verlieren sich unterwegs, finden sich schwingend wieder über einem weit entfernten Farbfeld.
Die Spuren dieser Aktionen sind nicht "schön" im landläufigen Sinne zu nennen, aber dafür aufgeladen mit der emotionalen Dynamik der Frau, die sie hinterlassen hat.